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24.06.2018

Planung des Landes kommt zu spät

(Bad Waldsee) - Die Planungen für die B 30 zwischen Baindt und Bad Waldsee mit den Ortsumfahrungen Gaisbeuren und Enzisreute beginnen voraussichtlich ab dem zweiten Halbjahr 2022. Das teilten Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Regierungspräsident Klaus Tappeser am Donnerstag mit. Doch die Planung in mehr als vier Jahren kommt zu spät. Die Stadt Bad Waldsee und der Landkreis Ravensburg hoffen, dass die angestrebte regionale Planungsgesellschaft für Bundesstraßen zusammen mit den Landkreisen Sigmaringen und Bodensee zügig gegründet werden kann. Damit könnte die Planung früher beginnen.

 

Prioritätenlisten scheinen eine kurze Halbwertszeit zu haben. Lange Zeit galt der Ausbau der B 30 zwischen Bad Waldsee und der seit bereits 2001 bestehenden Ausbaustrecke beim Egelsee als nachrangig. Im Vorfeld des Bundesverkehrswegeplans 2030 ließ das Land sogar in einem 50.000 Euro-Gutachten prüfen, ob ein verkehrlicher Bedarf bestehe - so groß waren offenbar die Bedenken. Schon zu diesem Zeitpunkt lag die tägliche Verkehrsbelastung bei rund 23.000 Fahrzeuge an Werktagen, bei rund 2.000 Lkw. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 und dem neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2016 kam die Wende. Der Bund stufte das Projekt als eines der bundesweit wirksamsten im Bezug auf den Städtebau, die Raumordnung und den wirtschaftlichen Nutzen ein. Folglich wurde das Projekt 2016 in den Vordringlichen Bedarf eingestuft - der höchsten Dringlichkeit. Doch die Planung wurde aufgrund fehlender Planungskapazitäten nicht aufgenommen. Das Land erstellte eine Prioritätenliste, die erst im März 2018 vorlag. Nun sollte die Planung im Regierungsbezirk Tübingen am Projekt "B 030 Enzisreute - Gaisbeuren", so die offizielle Bezeichnung, nach der B 464 Ortsumfahrung Reutlingen beginnen. Die Liste sei verbindlich, hieß es im März von Seiten des Verkehrsministers. Mit der Planung der B 464 soll tatsächlich Ende 2018 begonnen werden. Aber was wird aus der B 30?

 

Daraus wird vorerst nichts. Denn nach der nun neuen Priorisierung von Donnerstag liegt das Projekt plötzlich im Mittelfeld. Die Projekte seinen genau beurteilt worden, so der Regierungspräsident. Dem Bürger erschließt sich diese Aussage nicht, werden doch nun Projekte mit teils wesentlich niedrigem Verkehrsaufkommen vorgezogen. Zwischenzeitlich liegen die Belastungen in Gaisbeuren und Enzisreute bei bis zu rund 24.000 Fahrzeuge pro Tag, davon rund 3.200 Lkw. Zudem handelt es sich bei den beiden Orten um einen der größten Engpässe in einer Landes-Nord-Süd-Hauptachse. Hier wird der Nord-Süd-Verkehr im Südosten von Baden-Württemberg aufgehalten. Täglich kommt es zu Behinderungen und Staus.

 

Vorgezogen wird der B 32 Molldiete-Tunnel Ravensburg (vorher auf dem letzten Platz der Prioritätenliste des Landes), der B 312 Albaufstieg Lichtenstein und die B 31 Friedrichshafen/Waggershausen - B 30 alt, wobei bei letzterem Projekt aktuell keine nennenswerte verkehrliche Probleme bestehen.

 

Wenn alles gut läuft soll also an einem gravierenden Engpass im besten Fall im zweiten Halbjahr 2022 mit der Planung begonnen werden - vielleicht noch später. Viel zu spät, wie Bürgerinnen und Bürger, die Stadt Bad Waldsee und Landkreis Ravensburg meinen. Grund für den späten Planungsbeginn sei aber nicht die neue Priorisierung, sondern die Personalengpässe beim Land.

 

Die Region drängt deshalb darauf, dass die geplante gemeinsame Planungsgesellschaft für Bundesstraßen der Landkreise Ravensburg und Sigmaringen sowie dem Bodenseekreis zügig gegründet wird. Dann könnte die Planung doch früher beginnen. Um selbst planen zu dürfen, ist jedoch eine neue Verwaltungsvorschrift des Landes notwendig. Diese wird zurzeit erarbeitet. Wann sie vorliegt ist unklar. Erst nach dem Erlass soll die Planungsgesellschaft gegründet werden. Ob der Bodenseekreis dabei sein wird, ist fraglich. CDU, Grüne und FDP sehen die Gesellschaft kritisch: Für die Planung von Bundesstraßen sei das Land zuständig. Wenn Kreise übernehmen, müssen sie die Kosten tragen. Mit der Planung des letzten Projekts an der B 31 im Bodenseekreis will das Land nun 2023 beginnen. Der Blick über den Bodenseekreis hinaus fehlt und mag noch so ein Großteil des für die hiesige Wirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung wichtigen Güterverkehrs über die B 30 durch den Engpass Gaisbeuren und Enzisreute gezwängt werden. Der zweite Knackpunkt ist das Planungspersonal: Auch die Planungsgesellschaft benötigt Planungspersonal, das erst gefunden werden muss. Eine Prognose, wann die Planungsgesellschaften starten könnte, kann daher aktuell niemand geben.

 

Fakt ist aber, dass der Lückenschluss der B 30 zwischen Baindt und Bad Waldsee zumindest im Landkreis Ravensburg das nächste Projekt sein wird. Auch in der Planungsgesellschaft. Darüber sind sich die Region Bodensee-Oberschwaben, die Wirtschaft, das Regierungspräsidium und der Kreis einig. Jeder Landkreis wird zum Start ein Projekt in die Planungsgesellschaft einbringen. Im Landkreis Ravensburg wird das der B 30 Lückenschluss Ortsumgehung Gaisbeuren und Enzisreute sein, teilt das Landratsamt mit.

 

Bad Waldsees Bürgermeister Roland Weinschenk befürwortet die Planungsgesellschaft ebenso. Alles, was den Planungsprozess beschleunigt, sei sinnvoll. Zwar freue er sich darüber, dass das Regierungspräsidium nun ein Datum für den Planungsstart genannt habe, ein früherer Zeitpunkt wäre jedoch wünschenswert gewesen.

 

Geduld brauchen Autofahrer und Anwohner aber in jedem Fall noch, selbst wenn die Planung früher beginnen sollte, vergehen durch die langen Planungszeiten schnell mehr als zehn Jahre. Zwar werden in der Planung alle nur erdenklichen Belange geprüft und abgewogen, da aber nie alle zufrieden sind, ist mit Einsprüchen und Klagen zu rechnen, sodass ein Baubeginn in frühestens 15 bis 20 Jahren eher wahrscheinlich ist.

 

Wie es mit der B 30 in der Ausbaulücke zwischen Baindt und Biberach/Riß sonst weitergeht, steht in den Sternen. Zwar ist der Teilabschnitt vom Jordanbad bis Hochdorf ebenfalls im Vordringlichen Bedarf. Hier will das Land mit der Planung aber nicht vor 2025 beginnen. Zudem liegt kein Zeitplan vor. Die übrige Strecke von Hochdorf bis Bad Waldsee ist auf Drängen der vormals grün-roten Landesregierung aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen worden. Ein abschnittsweise dreistreifiger Ausbau zwischen den Orten sei ausreichend, so die damalige Begründung. Ob es zu einem solchen Ausbau kommt ist fraglich, fehlt doch das Planungspersonal. Zudem ist eine Aufnahme in die Ausbaupläne des Bundes frühestens mit dem nächsten Bundesverkehrswegeplan wieder möglich - voraussichtlich um das Jahr 2030/31. Nach allen Prognosen wird indessen der Verkehr weiter steigen. Der Engpass wird immer größer. Doch der Stillstand bleibt, zum Schaden der Menschen und Wirtschaft.

 

Planungs-Prioritätenliste des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21. Juni 2018 für die Projekte bis 2025

Projekt Angestrebter Planungsbeginn
B 464 Ortsumfahrung ReutlingenEnde 2018
B 32   Molldiete-Tunnel Ravensburg2. Halbjahr 2019
B 312 Albaufstieg Lichtenstein2. Halbjahr 2019
B 31   Friedrichshafen/Waggershausen - B 30 alt2. Halbjahr 2021
B 30   Enzisreute - Gaisbeuren2. Halbjahr 2022
B 31   Oberuhldingen - Meersburg/West2. Halbjahr 2023
B 31   Überlingen-Ost - Oberuhldingen2. Halbjahr 2023
B 27   Dotternhausen - Balingen2. Halbjahr 2024
B 27   Ortsumfahrung Schömberg2. Halbjahr 2024
B 311 Ortsumfahrung Riedlingen2. Halbjahr 2025

 

nicht enthalten

B 30 Biberach/Jordanbad - Hochdorf


 




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